Food-Magazin

Starköche und die Werbung - irgendwann ist es genug

Starköche und die Werbung

Um es gleich zu Anfang einmal ganz klar zu sagen: Kochen ist anstrengend, wenn man es hauptberuflich betreibt, egal ob man als Küchenchef in einer unbekannten Provinzküche schuftet oder in einem Sternerestaurant für immer aufregendere Feinschmecker-Erfahrungen der Gäste sorgen muss. Insofern sei es ihnen gegönnt, den Starköchen, ihr Portemonnaie mit Werbeeinnahmen zu füllen. Ich muss ja nicht den Fond kaufen, den mir das Konterfei eines bekannten Kochs anpreist, ich habe die Freiheit, das Dauergrinsen aus meiner Küche zu verbannen.

Wer wirbt wofür?


Da riet mir Martin Baudrexel, der Fertigprodukte gern dramatisch im Mülleimer ihrer finalen Bestimmung zuführte, zu einer synthetisch schmeckenden, fettreduzierten Kochsahne. Alfons Schuhbeck machte Werbung für eine Fast-Food-Kette und für eine Zwei-Komponenten-Suppe mit dem Namen eines berühmten französischen Kochs. Abgepackte Wurst in Plastikverpackung wurde mir von Cornelia Poletto empfohlen, die sich in ihrem Restaurant vor allem der italienischen Küche widmet und auf frische Zutaten setzt. Der lustige Bartträger Horst Lichter warb für eine Firma, die mit Tütenprodukten assoziiert wird. „Weck den Lichter in dir“ hieß es in der Broschüre, die Maggi damals herausgab. Ob ich mit dem Kauf einer Tüte auch gleich das Talent des Kochs zum Zotenerzählen erwerbe? Aber der Werbereigen ist noch nicht am Ende angekommen. Tim Mälzer empfiehlt Wandfarbe und ist seit kurzer Zeit für einen Küchengeräte-Onlineshop als Experte tätig. Ralf Zacherl mit den ehrlichen Kulleraugen hat wie die Kollegin ebenfalls eine Schwäche für Wurst und durfte „Traditionsprodukte neu interpretieren“, mit einem so erfreulichen Ergebnis wie „Grüntee-Braten im Kräutermantel“ . Nie gesehen im Supermarkt-Regal – für diese innovativen Wurstsorten waren wir Verbraucher vermutlich einfach noch nicht bereit. Andere Köche wie Johann Lafer vermarkten vor allem sich selbst bis zum Exzess, mit Hubschrauberflügen im „blitzblankblauen Johann-Lafer-Helikopter“ und mit Produkten, die einzigartige Gourmeterfahrungen für den Käufer suggerieren.

Was stimmt nicht an diesem Bild?


Kochbücher von sogenannten Starköchen sind in den meisten Fällen eine Bereicherung für die eigene Küche, auch wenn man sich oft nur in ein oder zwei Rezepte verliebt und sie in sein Küchenrepertoire aufnimmt. Auch finde ich es durchaus in Ordnung, mit dem eigenen Gesicht für die eigenen Produkte zu werben – immer vorausgesetzt, es klafft kein Widerspruch zwischen Produkt und den öffentlichen Äußerungen der Köche auf. Viele der Starköche haben bereits ihre Fernsehsendungen, in denen sie in höchsten Tönen von regionalen und frischen Produkten schwärmen. Überhaupt entsteht im TV der Eindruck, dass jeder kochen kann, der bereit ist, für ein Stück Biofleisch oder Biogemüse vom Bauern nebenan den dreifachen Preis zu zahlen. Das passt seltsamerweise gar nicht zu den Fertigprodukten, die in den Spots beworben werden. Ein Koch, der solche Erzeugnisse im Abfall entsorgt, sollte besser nicht für Sahneersatz werben. Das schadet seiner Glaubwürdigkeit, und wenn dann noch das Produkt von einer bekannten Verbraucherschutzorganisation als „Etikettenschwindel“ bezeichnet wird, sieht das gar nicht gut aus. Und warum ausgerechnet eine Frau, die die italienische Küche so liebt, für eingeschweißte Wurst werben musste, wird mir ein Rätsel bleiben.

Zuviel des Guten


Dass die Selbstvermarktung auch zu heftigen Ermüdungserscheinungen führen kann, stellen gerade Herr Lafer und Herr Schuhbeck unter Beweis. Mit ihrer Omnipräsenz schaden sie sich eher, auch wenn man Herrn Lafer mit der Idee der Gourmet-Helikopter eine ausgefallene Idee bescheinigen kann. Das verdient Respekt, den ich ihm an dieser Stelle leicht widerwillig und mit einem kleinen Schmunzeln zolle. In seiner Kochshow präsentierte er auffällig die Produkte seiner Werbepartner, was wiederum nicht so koscher ist, aber immerhin engagiert er sich wie Kollege Mälzer für eine gesunde Ernährung in den Schulkantinen, und das nicht allein auf dem Papier. Apropos Tim Mälzer. Anders als seine Kollegen hat er die kluge Entscheidung getroffen, nicht für Lebensmittel großer Konzerne zu werben. Sein Einsatz für Wandfarbe verkauft ein Lebensgefühl, ähnlich wie sein Expertenstatus beim Onlinevertrieb für hochwertige Küchengeräte. So bleiben ihm Glaubwürdigkeit und Sympathien erhalten, anders als beim Alfons Schuhbeck. Dessen beworbene Produkte für eine Fremdfirma gerieten in die allerheftigste Kritik vonseiten der Lebensmittelwächter. Auch sein Einsatz für den Fast-Food-Konzern hat ihm eher geschadet als genützt, denn nun ist auch dem letzten Hobbykoch klar, dass Herrn Schuhbecks Mission des guten Geschmacks vor allem finanzielle Gründe hat. Seine zahlreichen Aktivitäten und Geschäfte wie der Schokoladenladen oder der Eissalon und die Gewürzläden rauben ihm den letzten Funken kulinarischer Überzeugungskraft, den er noch hatte.

Und nun?


Es nützt ja nichts, herumzuheulen und das Elend der Welt zu beklagen. Der Kochboom, der sich wie ein verhängnisvoller Krankheitserreger in allen Köpfen festsetzt, wird irgendwann auch wieder abflachen. Dann muss ich weder Expertengespräche über Ibericoschweine ertragen noch mich schämen, wenn ich mal wieder Lust auf den einzigartigen Geschmack der Nudeln mit Fertigsauce habe, die meine Kindheit prägten. Und dann kann ich vielleicht auch wieder den Fernsehköchen vertrauen. Wenn es sie dann noch gibt.


Autor: Gunda Plewe

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An Industrieprodukten kann nichts Gutes sein – auch dann nicht, wenn es mit einem bekannten Gesicht wirbt.
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